Wir ahnten lange nicht, dass und in welchem Ausmaß uns Corona betreffen würde – und werden wahrscheinlich auch noch eine Weile damit beschäftigt sein. Während sich immer mehr tagtäglich verändert, richten wir uns ein. Im Homeoffice, vielleicht mit gleichzeitiger Kinderbetreuung – und mit eingeschränkter Bewegung à la #stayhome.
Natürlich gehen auch mir dazu viele Gedanken durch den Kopf. Und weil ich mein Kopfkino gerne schreibend verarbeite, starte ich das, was ein Blog ursprünglich ausmacht: Ein Web-Tagebuch, ein Web-Log. Heute also Teil 1.
„Bleibt bitte zuhause“
Letzte Woche Donnerstag fand bei uns im Büro die entscheidende Besprechung statt. Die Corona-Fallzahlen stiegen plötzlich merklich an, und das seltsame Gefühl verstärkte sich. Wir beschlossen, aufs Homeoffice umzuschwenken. Nur eine Notbesetzung hält im Büro die Stellung – danke dafür, liebe Kolleginnen!!
Freitag und Montag hatte ich zwei Urlaubstage, aber am Dienstag stieg ich offiziell ein in das, was Tausende anderer Menschen seit dieser Woche ebenfalls machen: Von zuhause arbeiten. In meinem Fall tatsächlich sehr unkompliziert: Als Social-Media-Managerin arbeite ich sowieso zu einem großen Teil online. Und unsere Büro-Infrastruktur ist seit einem Jahr ebenfalls vernetzt und darauf ausgerichtet, Homeoffice machen zu können.
Wir riefen neben unserer sowieso stattfindenden Telefonkonferenz noch ein, zwei weitere ins Leben. Das klappt alles sehr gut. Natürlich fehlt der reale Austausch, die Begegnung im Büro. Doch auch dafür werden sich Wege auftun, da bin ich sicher. Die „Social coffee break“ wird irgendwie stattfinden.
Die Stunde der Soziophobiker*innen
Als eher introvertierter Mensch freue ich mich ja oft, mich mal zurückzuziehen und meine Ruhe zu haben. Alleine zu sein. Das tun, wozu ich gerade Lust habe (wie jetzt: schreiben!). Die „Umstellung“, von zuhause aus zu arbeiten, stellt für mich tatsächlich fast mehr eine Belohnung dar. Nein, nicht, weil ich meine Kolleg*innen hasse, im Gegenteil. Wir sind ein tolles Team und ich arbeite sehr gerne dort.
Sondern weil ich meine Zeit selber einteilen kann. Weil ich nicht täglich zwei Stunden in öffentlichen Verkehrsmitteln sitzen muss. Weil ich morgens vor der Arbeit Zeit für eine Yogaeinheit finde, und ich, wenn es gut klappt, zum Meditieren komme. Diese Dinge fallen sonst aus Zeitgründen meist morgens weg, und ich starte etwas unausgeglichen in den Tag. Das ist nun anders.
Tatsächlich merke ich: Sogar meine Kopfschmerzen nehmen ab. In schlechten Zeiten besuchen sie mich oft mehrmals die Woche – das ist deutlich weniger geworden. Faszinierend, oder?
Introvertierte Menschen tanken Kraft, indem sie sich zurückziehen. Extrovertierte dagegen unternehmen etwas, um ihre Batterien zu laden.
Das war tatsächlich ein „Learning“ in meinem Leben. Mir war früher nie klar, warum andere mir so viel leistunsfähiger schienen. Sich nach einem anstrengenden Tag noch ins Abendvergnügen stürzen konnten. Um am nächsten Tag frisch wie der junge Frühling wieder am Tisch zu sitzen. Nein, ich zweifelte da eher an mir.
Bis ich lernte: Das geht introvertierten Menschen so. Wir brauchen Rückzug. Ruhe. Zeit für und mit uns selbst.
Nun also Homeoffice – und die Aufforderung, möglichst zu Hause zu bleiben. Nach einer Woche kann ich sagen: Läuft. Allerdings benötige ich natürlich auch Bewegung an der Luft, und das tägliche Spazierengehen muss sein. Hier am Stadtrand ist das aber auch kein Problem. Wir sind schnell auf dem Feld oder im Wald, ohne ständig anderen Menschen zu begegnen.
Wie bei vielen Paaren besteht die Herausforderung auch bei uns darin, sich abzusprechen. Wer arbeitet wo, wer nutzt das Telefon, wann wollen wir etwas kochen? Zum Glück kommen wir uns räumlich nicht in die Quere, und mein Mann kann weiterhin den ganzen Tag Musik hören bei der Arbeit – ich könnte dabei nicht denken. Und wir reagieren auch unterschiedlich auf das „bleibt zuhause“. Ich muss nicht einkaufen, das darf der Gatte erledigen – der sich freut, mal rauszukommen.
Nur nicht zwanghaft werden
Heute besuchten wir den Wochenmarkt, um einige frische Lebensmittel zu kaufen. Und ich gebe zu: Nur weil ich eh etwas soziophob bin, heißt das nicht, dass ich entspannt bin. Im Gegenteil: Ich muss aufpassen, am Ende dieser Quasi-Quarantäne nicht komplett soziopathisch zu sein. Vor jedem Mitmenschen auf der Straße erschreckt zu Seite zu springen. Das mag zwar hilfreich sein, um eine Ansteckung zu vermeiden. Sollte aber nicht ausarten.
Um nicht durchzudrehen, hilft, wie schon erwähnt, Bewegung. Spaziergänge an der frischen Luft, gerne bei Sonnenschein. Seit einer Weile spielen wir ja „PokemonGo“, und haben supergute Ausreden, um wiedermal zur (leeren) Grundschule zu laufen oder zum (leeren) Sportplatz. Das ähnelt dem Gassigehen, nur ohne Hund.
Bewährt hat sich auch mein Online-Sportstudio. Das nutze ich schon seit Jahren, mal mehr und mal weniger regelmäßig, zumal ich inzwischen auch ein reales besuche. Das schloss allerdings letzte Woche auf unbestimmte Zeit. Daher also „RückenFit“ und „MorningMobility“ auf der Decke. Ich kann es nur empfehlen: Man fühlt sich je nach Programm wirklich durchgearbeitet. Ich liebe darüber hinaus Stretchings, insbesondere nach Stunden am Schreibtisch und gegen Verspannungen und Kopfschmerzen. Ein Zimmer weiter erlebt auch unser Trimmfahrad einen neuen Frühling.
Positives Fazit nach Woche 1
Gestern sagte ich zu meinem Mann: „Eigentlich genieße ich das Homeoffice“. Ich kann nämlich nach meinem eigenen Biorhythmus arbeiten. Anfangen, wann es passt, und das aufgrund wegfallender Fahrtzeiten ins Büro oft sogar früher beginnen als sonst. Eine Mittagspause einschieben und kochen (das mache ich sonst gar nicht), und nachmittags eine Runde spazieren gehen. Für mich entspannter und besser strukturiert als Bürotage.
Persönlich und auch gesundheitlich geht es mir bisher also gut. Ich merke aber auch, dass ich immer noch die aktuellen Meldungen und Entwicklungen aufsauge. Auch wenn man das „eigentlich nicht tun“ sollte, sondern sich, so Experten, lieber zweimal am Tag gezielt informieren soll. Das verursacht dann gerne ein wenig Kopfkino. Denn natürlich gibt es Schwachstellen im System: die alten Eltern. Notwendige Fahrten, zu denen die U-Bahn genutzt werden müsste. Oder schlicht: der Zufall. „Was ist, wenn…?“
Das alles hilft nichts. Wir müssen da durch. <3