Hochsensible Konferenzplanung

Die re:publica19 steht an: „Europas größte(r) Konferenz zu dem Themenkomplex Internet und Gesellschaft“, wie Markus Beckedal von netzpolitik.org schreibt. Als internetaffiner Mensch, der sich sehr gerne digital bewegt und auch dort arbeitet, eigentlich ein „Muss“. Für jemanden, der hochsensibel ist, eigentlich ein „No Go“, oder sagen wir es positiv: „eine Herausforderung“.

Da ich ab morgen in Berlin dabei sein werde, will ich euch heute einen Überblick geben, wie hochsensibel und Konferenzbesuch zusammenpassen.

Vorfreude

Das Internet ist bunt und vielseitig, die Trends wechseln schnell, und überhaupt: Themen auf oder für eine Konferenz wie die re:publica gibt es genug. Als hochsensible Scannerin (was das ist, habe ich hier aufgeschrieben) liebe ich neue Reize. Die Vorfreude auf die Konferenz ist daher groß. Die „Szene“ sagt gerne: Die re:publica ist das Klassentreffen der Digitalgemeinde. Inzwischen wohl eher „der Kirchentag“, so groß ist der Besucheransturm inzwischen.

Mitten drauf, soll so. Na gut.

Wenn im November die Anmeldemöglichkeit für die re:publica startet, kribbelt es also auch bei mir jedes Mal. Oft ist also die Vorfreude groß – manchmal steigt die Nervosität allerdings, wenn der Termin da ist.

Mir hilft es, dann einige Punkte zu beachten, um mich quasi zu „schützen“ und genug Filter einzubauen. Denn hochsensibel zu sein, heißt: Durchlässiger für Reize zu sein als viele andere Menschen.

Warum bin ich als HSP dabei?

  1. Eine Konferenz ist eine Konferenz. Soll heißen: Ich besuche kein dreitägiges Seminar, an dem ich mich beteiligen muss. Sondern darf mich entspannt in einen Vortrag setzen. Muss mit niemandem reden, wenn ich nicht will.
  2. Live dabei ist besser als im Stream oder „nur“ auf Twitter & Co. Auch wenn man kaum die Möglichkeit bekommt, tatsächlich mit (mehr oder weniger bekannten) Vortragenden selber zu sprechen, ist der Besuch vor Ort gut. Die Stimmung, die Atmosphäre, die positve Energie, die manche Vortragende erzeugen, kommt live einfach besser rüber.
  3. Vernetzung: Ja, doch, das geht. Man trifft immer irgendjemanden, den man kennt. Bei meiner letzten re:publica trank ich deshalb mehrere Kaffees mit Menschen, mit denen ich sonst nicht persönlich zusammentreffe – hauptsächlich aufgrund der großen geografischen Entfernung. Sich dann persönlich statt digital auszutauschen, ist super, und ich freue mich drauf!
  4. Themenvielfalt: Auch wenn das Motto dieses Jahr „tl;dr“ ist – die Vielfalt an geplanten Vorträgen ist riesig. Ich kenne das schon: Oft merke ich nach der Konferenz, dass ich ganze Themenkomplexe komplett verpasst habe. Dieses Jahr liegen weitere Schwerpunkte z.B. auf Urheberrecht, Datenschutz, Künstlicher Intelligenz – aber bei über 600 Vorträgen insgesamt fällt die Auswahl schwer. Ich muss also weglassen und mich entscheiden können.

Was ist wichtig?

  1. Platzwahl: Als HSP mag ich ja große Mengen nicht soo gerne. Ich setze mich daher gerne auf Plätze am Rand bzw. am Gang – oder ganz in der Mitte, wo weniger Leute sitzen. Das verschafft mir (innere) Freiräume. Überfüllte Räume meide ich – mich stört die Enge dann tatsächlich mehr als ich es genieße, gerade noch reingekommen zu sein.
  2. Pausen einplanen und zulassen.Der Kopf kann irgendwann nicht mehr, und gerade als HSP saust es dann im Gedankenkarussell. Es hilft mir dann nicht, mich in die nächste Session zu setzen. Zum Glück gibt es irgendwo immer eine ruhigere Ecke. Dieses Jahr ist das Gelände größer, aber ich bin zuversichtlich: Ich finde etwas zum Chillen. Klasse hört sich dieses Mal das Bücherzimmer an!
  3. Etwas zu trinken mitnehmen – eine Flasche Leitungswasser habe ich immer dabei, um zwischendurch einen Schluck trinken zu können. Oft sind die Kioske voll, und man steht die Pause nur an. Das muss nicht sein. Und auch das belegte Brot habe ich meist dabei. Dieses Jahr gibt es allerdings einen Foodcourt – ich bin gespannt, was der so bietet.
  4. Weggehen. Klingt seltsam, hilft aber. Das Ticket gilt drei Tage, daher ist es kein Problem, einfach eine Stunde spazieren zu gehen. Um dem Gewusel auf dem Konferenzgelände zu entkommen, wirkt das Wunder. Entspannt und aufnahmebereit kann ich dann zurückkehren.
  5. Organisation der Unterkunft und des Aufenthalts: Außerhalb der Konferenz fühle ich mich wohl, wenn ich vorab weiß, wie und wo ich wohne und mich dann dort entspannen kann. Ich buche daher gerne entweder ein Hotel, dessen Ausstattung ich kenne, oder – wie dieses Jahr – ein Apartment. Dort habe ich die Möglichkeit, mich selbst zu verpflegen: Abends noch einen Tee kochen, morgens Stullen schmieren für den Tag und nicht schon zum Frühstück andere Menschen treffen. Und hier ziehe ich mich am Ende des Tages zurück. Ein großes Rahmenprogramm kommt für mich sowieso nicht infrage… 😜
  6. Ausklingen: Meist hänge ich noch ein paar Tage in Berlin nach der Konferenz ran. Ich habe einige Jahre in Berlin gewohnt und mag es, dort wieder zu sein. Außerdem gibt es immer interessante Ausstellungen, Theater, Sehenswürdigkeiten, die ich noch nicht kenne. Miniurlaub also!

Morgen geht’s los, und ja, ich bin etwas nervös. Reisen halt… aber es ist eine positive Freude. Ich werde versuchen, meine Eindrücke auf Instagram oder hier im Blog festzuhalten, und euch ein HSP-Konferenz-Update zu geben.

Ach, und seid ihr auch da? 😉

(Logo oben: (c) re:publica19)

Inga
Das Thema Hochsensibilität beschäftigt mich seit Jahren. 2016 rief ich deshalb das Blog "schokogiraffe.de" ins Leben. Ich bin außerdem Social-Media-Managerin, evangelische Theologin und Buchhändlerin.