Eigentlich wollte ich nur zeichnen. Ein aktives und kreatives Wochenende mit ein paar anderen Teilnehmerinnen bei Sabine Dinkel verbringen. Sie bietet nämlich den „Nasenmännchen“-Zeichenworkshop an. Die Natur in Mecklenburg aber war die Krönung: Lärmdetox pur.
Die Sternberger Seenplatte liegt grob zwischen Schwerin und Güstrow mitten in Mecklenburg, ich war schon einmal dort. Sanfte Hügel, wenig Menschen, viele Vögel, Felder, Wiesen, Natur – herrlich. Ich mag das. Als Hochsensible bin ich ja eher von zu vielen Eindrücken überreizt. Den Horizont zu sehen, die sanfte und manchmal karge Natur, den Himmel: Das alles beruhigt mich.
Als ich am Freitag losfuhr, schwappte der Nebel über das Land. Auch Hamburg war völlig dicht – selten habe ich einen so kompakten Nebeltag erlebt. Auf dem Land war es – natürlich – noch schlimmer. Mit dem letzten, letzten Licht fuhr ich im Dorf Rothen vor, wo ich übernachten wollte.
Nix los, aber viel da
Rothen ist tatsächlich sehr klein: 60 Einwohner leben hier. Die einzige geteerte Straße dorthin ist einsprig und endet in der Dorfmitte. Eine Laterne, damit man die Kreuzung sieht. Die anderen Wege zweigen gepflastert oder nur als Schotterpisten davon ab und sind schlaglochübersät. Sieben Katzen saßen auf der Kreuzung und schauten mich an.
Nichtsdestotrotz gibt es das Gutshaus Rothen. Die Besitzer übernahmen es vor einigen Jahren und bauten es liebevoll und sehr stilsicher aus und vermieten traumhafte Ferienwohnungen. Außerdem (wozu ich aus Zeitgründen gar nicht kam) arbeiten und leben viele Kunst-/Handwerker im Dorf, und es gibt ein sehr gutes Restaurant mit einer kleinen feinen Speisekarte – das Essen ist wirklich lecker!
Als ich aus dem Auto stieg, hörte ich – Gänse. Tausende. Scharen. Der Rothener See ist nur einen Steinwurf vom Gutshaus entfernt, sehen konnte ich ihn allerdings nicht mehr. Zu dunkel war’s inzwischen. Dafür wurde ich im Haus nett empfangen und konnte mein Quartier beziehen. Schnell ging es danach weiter, ich wollte doch zeichnen und war schon verspätet.
Stille. Absolut. Lärmdetox.
Am Abend, als ich wieder nach Rothen kam, hörte ich – nichts. Finster und dunkel, kein Laut mehr. In meiner Wohnung erklang bald sanfte klassische Musik, denn neben einem gut gefüllten Bücherregal steht ein CD-Spieler mit einigen CDs zur Verfügung. Fernsehen? Nix, gibt’s nicht. Zu warmen Oboenkonzerttönen entspannte ich mich.
Auch am nächsten Morgen war es still. Keine quietschende U-Bahn, kein lärmender Autoverkehr, keine gereizten Stimmen, keine seltsamen Abgas- oder Essensdüfte. Nichts. Lärmdetox. Ich genoss die Ruhe. Die Luft. Die Klarheit. Und merkte, wie entspannt ich schon nach einem halben Tag war.
Das setzte sich das restlichen Wochenende fort. Spaß beim Zeichnen mit netten Mitmenschen, einer behaglichen Atmosphäre bei Sabine und Lust an der kreativen Arbeit mit tollenden Hunden, die aber auch mal schnarchend in der Ecke lagen. Kein Stress. Ein Segen.
Den See sehen
Am nächsten Morgen strahlte endlich die Sonne und der Himmel wölbte sich blau. Schnell zusammenpacken, und dann hinunter zum See, an dem ich noch gar nicht gewesen war. Ich stand völlig überwältigt von der Schönheit der Natur am Ufer auf einem Steg und wollte nie wieder weg.
Hinterher hielt ich diesen Moment noch in einer Zeichnung fest:
Ich möchte wiederkommen. Im Sommer, wenn alles grün ist. Mit Kamera. Und wieder die Stille genießen und das Leben spüren.
Manchmal finde ich mich wirklich seltsam, wenn ich so von „nichts“ und „Stille“ schwärme. Aber ich weiß in diesen Momenten wie in Rothen auch: Das tut mir so gut. Die Erinnerungen werden nicht nur im Bild, sondern auch im Herzen abgespeichert und füllen den Energiespeicher.