Über Weihnachten sind wir mal wieder überfordert? Jede hochsensible Person wird hier vermutlich JA schreien – oder? Für mich bringt dieses Fest auch noch eine andere Herausforderung mit: den inneren Druck.
Vielleicht verändert sich Weihnachten mit den Jahren ja wirklich immer mehr: Der gefühlt immer größere Konsumwahn, der Zwang zur Optimierung, die hohen Erwartungen. Die Weihnachtsmärkte breiten sich immer stärker aus, und man kann kaum noch einen Schritt in der Innenstadt setzen, ohne dass man vom Duft gebrannter Mandeln und Pilzpfannen verfolgt wird. Brr.
Mir sind es zu viele Menschen auf einen Fleck. Ich suche mir Strategien: Routen, auf denen keine Weihnachtsmärkte liegen. Oder ich stärke mich besonders, um mich an einem Nachmittag bewusst ins Chaos zu stürzen, anschließend aber auch wirklich alles erledigt habe.
Sandwich-Generation
Das klappt angesichts des inneren Drucks leider weniger gut. Dieses Jahr war insgesamt nicht so einfach bei uns: Die Eltern werden zusehens älter, ihre gesundheitlichen Probleme nehmen zu. Auch die Kinder kommen mit ihren „Paketen“ an Fragen und Problemen daher.
Wir sind „dazwischen“. Ich möchte allen gerecht werden, mich um alle kümmern, allen helfen, alles soll gut werden. Aber zu lernen gilt: Das geht nicht. Ich kann nicht alle Probleme lösen. Schon gar nicht die der anderen. Die Kinder müssen lernen, selber Verantwortung zu übernehmen – und verstehen: Wenn sie das nicht tun, verändert sich nichts. Und die Eltern müssen lernen, auch mal Hilfe anzunehmen. Mit der Kraft umzugehen, die ihnen bleibt. Sich einzulassen. Bei der (noch-) Kriegsgeneration nicht einfach, denn sie haben gelernt, sich durchzubeißen, hart zu sein. Und Gefühle werden selten zugelassen.
Mich zerreißt das gerade etwas. Schwer, für sich selber zu sorgen, wenn es anderen nicht gut geht. Ich komme mir hart vor, brauche eine Schale, eine Schutzhülle um mich herum, um ihr Leid oder ihre Sorgen nicht zu sehr an mich herankommen zu lassen. Weil ich daran sonst selber irgendwann kaputt gehen könnte. Ich kann nicht aufhalten, dass meine Eltern irgendwann einmal sterben werden… Ein Gefühl der Machtlosigkeit.

Wir rutschen auf
Mich verunsichert ihr Älterwerden auch insofern, als dass ich selber mein eigenes Alter spüre. Bis vor – sagen wir: zehn Jahren war das nie ein Thema. Man lebt ins Leben hinein. Aber irgendwann erwischt es einen, und vielleicht ist gerade das Altern der Eltern dieser Punkt. Man rückt plötzlich auf, übernimmt mehr Verantwortung. Kinder rutschen nach. Ich darf und kann nicht mehr unbedarft im Leben stehen, sondern bin plötzlich in der Verantwortung. Ups, ist das nicht genau das, was ich von den Kindern erwarte? Mist…
Ich weiß keine Lösung. Sehe nur, wie ich mich, wie andere sich zerreiben zwischen den Generationen, und mit sich selber nicht im Reinen sind, zu kurz kommen. Auch die Alten sind das übrigens nicht. Es ist so schwer, sich von den Erwartungen frei zu machen – den eigenen, aber auch denen der anderen. Leichter kann ich das bei denen, mit denen ich nicht direkt verwandt bin, aber umso schwerer bei meinen Eltern – oder mir selber.
Ein Bedeutungsverlust
Weihnachten verliert angesichts all dessen für mich an Bedeutung. – Total seltsam, diesen Satz zu schreiben! Erinnere ich mich doch an viele schöne und für mich auch bedeutungsvolle Weihnachtsfeste. An denen die Geburt des Kindes oder das Lichtwerden eine wichtige Rolle spielten. Musik und Gottesdienst. Das Treffen mit Freunden spätabends am Heiligen Abend, vielleicht sogar noch mit dem Discobesuch danach. Dieses Jahr galt es eher, den Heiligen Abend einigermaßen glatt über die Bühne zu bringen, was mit ein paar kleineren Schrammen auch gelang.
Aber der Zauber ist verschwunden, und mein innerer Zauber aus dem Takt. Mir fehlt der Kirchbesuch in der Nacht – hier gibt es das nicht, und ich bin zu müde, um abends noch irgendwo hinzufahren. Als ich in Schweden lebte, fiel tatsächlich Schnee im Dezember. Zusammen mit der längeren Dunkelheit verlieh er dem Advent, dem Luciafest und schließlich dem Weihnachtsfest eine ganz andere Bedeutung: Es wurde hell!
Heute ist Weihnachten der Versuch, es allen so schön wie möglich zu machen. Unter Einbeziehung der jeweils persönlichen Lasten, die jeder mitbringt. Und das gelingt eben „nur so mittel“. Seltsam, dann froh zu sein, wenn es vorbei ist und alles wieder in einen Normalzustand übergeht.
Was täte ich, wenn ich frei von allem Weihnachten feiern könnte?
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